Wie du neue Routinen für dein Baby etablierst ohne selbst durchzudrehen

Babyeltern kennen solche Probleme: es ist Zeit abzustillen, der Nachwuchs soll endlich im eigenen Bett schlafen oder das Einschlafen muss auch mal ohne Trage möglich sein. Routinen von Babys und Kleinkindern zu verändern ist oft mit viel Mühe und Frust verbunden. 

Warum Routinen verändern so schwer ist

Aus der Sicht von Babys ist die Welt verwirrend und kompliziert. Babys sind ständig damit beschäftigt, sich neu zu orientieren und zurecht zu finden. Wenn es ihnen gelingt, Abläufe korrekt vorherzusehen, gibt ihnen das Sicherheit und Geborgenheit.

Uns Eltern muss also klar sein, dass jede Veränderung von Routinen, für das Baby in erster Linie Stress bedeutet. Stress, weil der gewohnte Gang der Dinge plötzlich auf dem Kopf steht und die Vorhersehbarkeit nicht mehr gegeben ist. Es mag übertrieben wirken, aber tatsächlich ist es völlig normal, wenn das Baby mit heftigem Weinen oder Unruhe reagiert. 

Was also tun?

Viele Ratgeber empfehlen Eltern an dieser Stelle konsequent zu sein. Konsequent die neue Routine durchzuziehen, bis sich das Baby an den neuen Ablauf gewöhnt hat und ihn akzeptiert.

Ein wichtiger Faktor bleibt dabei aber außer acht: Was kostet es die Eltern, konsequent zu bleiben? Starke Emotionen beim Baby zu begleiten erfordert Nerven. Hat man als Elternteil diese Nerven gerade nicht, passiert es, dass man selbst genervt und wütend wird. 

Das Kind spürt dann die Erregung der Eltern und klammert sich umso mehr an die gewohnte Routine. Ein Teufelskreis, der bald festgefahren ist und von dem letztendlich niemand profitiert. 

Die entscheidende Frage

Ich bin selbst gerade dabei, meine Sohn abzustillen. Wenn er nachts aufwacht, weiß ich, dass er am schnellsten wieder an der Brust einschläft. Ein klassisches Dilemma: Einerseits möchte ich, dass er möglichst schnell wieder schläft, andererseits möchte ich ja eigentlich grundsätzlich abstillen.

Die entscheidende Frage, die ich mir in solchen Situationen seit einiger Zeit stelle, ist: 

Habe ich als Mama gerade die Ressourcen, um mein Kind gut durch diese Stresssituation zu begleiten? 

Hier eine klare Antwort zu finden, hilft, eine bewusste Entscheidung zu treffen: Wenn ich die Ressourcen habe, kann ich damit umgehen, dass ich ihn vielleicht ein bisschen herumtragen oder schaukeln muss, damit er wieder einschläft. Ich nehme in Kauf, dass es länger dauert und kann ihn in diesem Moment, in dem er versucht mit der neuen Situation klarzukommen, gut begleiten. 

Wenn ich merke, dass ich eigentlich selbst dringend meinen Schlaf brauche und echt nicht die Nerven für ein unruhiges Kind habe, dann kriegt er eben die Brust. 

In dem Fall fühle ich mich aber nicht schuldig oder wütend, dass es schon wieder nicht klappt oder das Abstillen nicht schnell genug passiert. Es fühlt sich auch nicht nach einknicken oder nachgeben an.

Im Gegenteil: ich bin dann stolz drauf, dass ich gut auf meine eigenen Kapazitäten und Bedürfnisse achte. 

Routinen ändern

Diese entscheidende Frage -habe ich gerade die Ressourcen?- ist auf alle Situationen anwendbar, in denen ein Baby heftige Emotionen zeigt und einen einfühlsamen Erwachsenen benötigt. Diese Emotionen zu begleiten, kostet Kraft. Kraft, die man nicht immer zur Verfügung hat.

Sich einzugestehen, ob man diese Energie gerade aufbringen kann oder nicht, ist weitaus wichtiger, als der Glaubenssatz „ich muss nur konsequent bleiben“. 

Statt sture Konsequenz erlebt das Baby nämlich Konstanz in der Beziehung zu seiner Bezugsperson. Es erfährt, dass es sich bei Stress darauf verlassen kann, dass die Bezugsperson nicht nur physisch da ist, sondern auch emotional.

Genau das ist die Grundlage, auf der Babys fähig sind, sich an neue Abläufe zu gewöhnen. 

Photo Credit: Laura Ohlmann via Unsplash

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