5 Gespräche, die werdende Eltern miteinander führen sollten 

Ein Kind zu bekommen ist mit Sicherheit eine der prägendsten Erfahrungen im ganzen Leben. Eine Achterbahn der Gefühle, auf die man sich schwer vorbereiten kann. Es prasselt viel an Information auf werdende Eltern ein und Vieles davon ist ja auch wirklich nützlich. Aber trotz all dieser Einflüsse und Bilder, die man im Kopf hat, weiß niemand, wie die eigene, ganz individuelle Realität aussehen wird. 
Wie kann man sich also auf etwas vorbereiten, von dem man noch nicht weiß, wie es wird? Es gibt zwar konkrete To Dos, wie das Packen der Krankenhaustasche oder dem Anschaffen der ganzen Babyausstattung, viel wichtiger ist aber, die Bilder, Vorstellung und Wünsche, die jeder von der neuen Lebensphase hat, explizit zu machen. Anders gesagt: Gute Gespräche mit dem Partner/der Partnerin führen.

Als Impuls für solche Gespräche, habe ich fünf Themenbereiche mit Leitfragen für werdende Eltern zusammengestellt. Unabhängig davon, ob ihr am Anfang oder schon gegen Ende der Schwangerschaft seid (oder überhaupt erst überlegt, ein Kind zu bekommen): Diese Fragen können in jedem Stadium hilfreich sein. 

Auch wenn ihr euch schon richtig gut kennt und wahrscheinlich schon einige Höhen und Tiefen hinter euch habt: Mit der neuen Elternrolle, werdet ihr komplett neue Seiten am Partner/der Partnerin kennenlernen. Deshalb ist es wichtig, mit einem „Beginners Mindset“ in diese Gespräche zu gehen. Also einer offenen, neugierigen, unvoreingenommen Haltung dem eigenen Partner/der eigenen Partnerin gegenüber. 

Das ist gar nicht so einfach. Zuhören zu können, ohne zu bewerten, ist die wahrscheinlich wichtigste Fähigkeit in jeder Beziehung. Die folgenden Impulse für eure Gespräche sind eine gute Gelegenheit, diese Fähigkeit mal wieder zu üben. 

Gespräch über die eigene Kindheit 

Verhaltensmuster aus eurer Herkunftsfamilie, tief verwurzelte Überzeugungen, die eure Eltern hatten, Dinge, die sie getan haben und von denen ihr euch geschworen habt, sie niemals zu tun – all das kann an die Oberfläche kommen, wenn man selbst zum ersten Mal Eltern wird. 

Deshalb dreht sich das erste Gespräch um die eigene Kindheit. Was wir in unserer eigenen Kindheit erlebt haben, prägt mitunter ein Leben lang. Umso wichtiger ist es zu verstehen, welche Prägungen dein Partner/deine Partnerin in die neue Elternrolle mitnimmt. 

Also, macht es euch auf der Couch gemütlich, vielleicht mit einer Tasse Tee oder einer Kerze, und stellt euch gegenseitig folgende Fragen: 

  • Was sind deine prägendsten Erinnerungen an deine eigen Kindheit? (Egal ob positiv oder negativ)

  • Welche Werte hast du von deinem Elternhaus mitbekommen und wie wurden die vermittelt? 

  • Welche Rollenverteilung haben deine Eltern vorgelebt und wäre es okay wenn es bei uns auch so ist? 

  • Wie würdest du den Erziehungsstil deiner Eltern beschreiben und was findest du heute gut beziehungsweise schlecht daran?

  • Welche Kindheitserinnerung tut bis heute weh? 

  • Welche Rituale in Bezug auf Feste, zum Beispiel Weihnachten, Ostern oder Geburtstage gab es bei dir in der Familie und wie fandest du diese? 

  • Welche Regeln haben dich als Kind am meisten genervt und warum?

  • Wie haben deine Eltern Grenzen gesetzt?

  • Wann hattest du als Kind das Gefühl geliebt zu sein und so sein zu dürfen, wie du bist? Wie wurde das vermittelt? 

Gespräch über Träume und Wunschvorstellungen

Bei all den Krisen, in denen unsere Welt momentan steckt: Ein Kind zu bekommen ist das Hoffnungsvollsten, was man tun kann. Es ist Symbol für eine gute Zukunft, ein Sinnbild für die eigenen Wünsche und Träume. Deshalb dreht sich das zweite Gespräch um genau diese Zukunftsvorstellungen: 

  • Warum wolltest du nochmal dieses Kind bekommen? 

  • Welche Bilder hast du im Kopf, wenn du an unser Familienleben denkst? 

  • Worauf freust du dich besonders in deiner zukünftigen Rolle als Mutter/Vater?

  • Welche Bedürfnisse erfüllen diese positiven Bilder für dich?

  • Was ist etwas, dass du im ersten Lebensjahr unseres Kindes als Familie erleben möchtest?

  • Was für Mutter/Vater möchtest du sein? Wie soll dich unser zukünftiges Kind einmal beschreiben?

  • Welche Werte möchtest du unserem Kind vorleben? Warum ist dir das besonders wichtig? 

  • Was kann jede*r von uns unserem Kind mitgeben? Wo ergänzen wir uns?

Gespräch über Sorgen und Ängste 

Jetzt schauen wir auf die andere Seite der Medaille: Die Auseinandersetzung mit Träumen und Wünschen geht oft auch mit Ängste und Sorgen einher. Die Zukunft ist unsicher und als werdende Eltern weiß man nicht, was einen erwartet. Es ist völlig normal, dass damit auch Unsicherheiten und Ängste verbunden sind.

Hier sind die Fragen für dieses Gespräch: 

  • Was macht dir Angst, wenn du an unsere Zukunft als Familie denkst?

  • Als Mutter oder Vater zu scheitern, was verstehst du darunter?

  • Mit welchen Szenarien in Bezug auf unsere Elternschaft könntest du nur schwer umgehen? Was genau macht dir daran Angst?

  • Welche Veränderungen erwartest du in unserer Beziehung, und wie können wir diese gut meistern?

  • Bei welchen Themen könnte es am ehesten zu Meinungsverschiedenheiten in Bezug auf unsere Elternrolle geben? Welche Konfliktfelder siehst du auf uns zukommen?

Gespräch über Sorgearbeit und Mental Load 

Es wird konkreter. Im vierten Gespräch stehen Alltagsthemen wie Sorgearbeit, Haushalt und Mental Load im Fokus. Bei diesen Themen der Alltagsorganisation ist es wesentlich schwerer, aktiv zuzuhören. Man gerät schnell in eine Diskussion oder einen Konflikt. Umso wichtiger ist, dass ihr euch vornehmt, neugierig und offen zu bleiben!

  • Was verstehst du unter Mental Load und wer von uns beiden kann deiner Meinung nach besser damit umgehen?

  • Was stellst du dir vor, dass in Bezug auf Sorgearbeit und Mental Load auf uns zu kommt?

  • Gibt es eine Familie in unserem Freundeskreis, die für dich ein Vorbild ist was die Aufteilung von Sorgearbeit und Mental Load betrifft?

  • Was wäre dein ideales Szenario was Karenzzeit oder die Aufteilung der Karenzzeit zwischen uns betrifft? 

  • Wärst du bereit unseren Lebensstandard anzupassen, zum Beispiel auf Urlaube zu verzichten, damit es sich der Elternteil mit dem höheren Gehalt leisten kann, in Karenz zu gehen?

  • Wie zufrieden bist du aktuell damit, wie wir uns den Haushalt aufteilen?

  • Wie stellst du dir unsere zukünftige Rollenverteilung vor? 

  • Wie würdest du reagieren, wenn unsere geplante Rollenverteilung nicht aufgeht?

Gespräch über Ressourcen 

Der Begriff „Ressourcen“ ist sehr weit gefasst: Es geht um die emotionalen Ressourcen in der Familie genauso, wie um Fragen rund um Zeit und Geld. Auch hier wird es konkret und es ist eine gute Idee, Notizen zu machen, um später darauf zurückkommen zu können. 

Netzwerk für Jungfamilien

  • Wem in unserem Umfeld würdest du unser Kind anvertrauen? 

  • Mit welchen Menschen in unserem Umfeld soll unser Kind engen Kontakt haben? 

  • Glaubst du, wird es dir schwerfallen, Unterstützung von unserem sozialen Netz anzunehmen? Warum oder warum nicht?

  • Kennst du Paare in unserem Umfeld, die gerade in der selben Situation sind? Wenn nicht, wo können wir Kontakt herstellen?

  • Welche institutionellen Unterstützungsangebote kennst du, falls Dinge ganz anders kommen als gedacht und alle Stricke reißen? (Hebammen, Netzwerk Frühe Hilfen, Schreiambulanz, etc.)

Finanzielles 

  • Mit welchem zusätzlichen Kosten rechnest du?

  • Was ändert sich bei unserem Budget mit einem Kind? Müssen wir Ausgaben anpassen oder planen?

  • Was ist deine Meinung zu langfristiger, finanzieller Absicherung für unser Kind? (zB. Versicherungen, Sparpläne, etc.)

Emotionale Ressourcen in der Partnerschaft

  • Welche Routinen oder Rituale geben uns als Paar neue Kraft und Energie?

  • Welche Freiräume und Rituale sollten wir uns aus deiner Sicht auch als Eltern bewahren? Wer von uns beiden wird eher den Blick darauf haben?

  • Woran merkst du, dass es mir gerade wirklich nicht gut geht? 

  • Was brauchst du, um nach Konflikten oder herausfordernden Situationen wieder Verbindung zu mir aufzubauen?

  • Was möchtest du dir heute vornehmen, wenn du bemerkst, dass die Verbindung zwischen uns in Mitleidenschaft gezogen wurde? 

  • Was bedeutet es für dich, als Eltern auch “Paar zu bleiben”?

Zum Abschluss: Es gibt natürlich keine Garantie, dass euch die Erkenntnisse aus diesen Gesprächen vor gröberen Hindernissen in eurer Elternschaft bewahren oder sonst wie dafür sorgen, dass eure Abenteuer Familie total harmonisch abläuft. 

Aber der Austausch hat hoffentlich das gegenseitige Verständnis verstärkt und das ist schon mal eine gute Grundlage. 

Fotocredit: @wedding_dreamz via Unsplash

Zurück
Zurück

Wie man liebevoll Grenzen setzt: Ein Leitfaden

Weiter
Weiter

Die Wackelzahnpubertät: Ein Guide für Eltern in stürmischen Zeiten